Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann rufe nicht die Menschen zusammen, um Holz zu sammeln, Aufgaben zu verteilen und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem großen, weiten Meer.Antoine de Saint-Exupéry (1900-1944)
Ankerpunkt war für mich lange der hohe Norden Deutschlands: Geboren und aufgewachsen bin ich als jüngster von drei Brüdern in einer Lehrerfamilie in Kiel. Nach dem Abitur leistete ich meinen Wehrdienst als Marinesanitäter. Ich erinnere mich noch sehr deutlich an den Tag des Mauerfalls am 9. November 1989, damals war ich auf meinem Stützpunkt auf Sylt. Ein bewegendes Ereignis, das ich bis heute nicht vergessen habe – und vielleicht auch ein Beweggrund, weshalb ich mich so auf Roßleben freue, weil hier Kinder aus Ost und West zusammen unterrichtet werden und unser Land so ein Stück weiter zusammenrückt.
Zurück in Kiel studierte ich Geschichte, Englisch und Philosophie. Nach dem Grundstudium hatte ich die Chance, über ein Austauschprogramm an die University of Aberdeen in Schottland zu gehen. Die Begeisterung für die Geschichte und Kultur Großbritanniens, aber sicher auch die Suche nach neuen Horizonten gaben den Impuls, dass ich nach meinem Ersten Staatsexamen im Oktober 1998 am Balliol College, University of Oxford, mit der Arbeit an meiner Dissertation zur Technik der diplomatischen Kommunikation im Mittelalter begann.
Unmittelbar im Anschluss an die Promotion zum Doctor of Philosophy folgte eine fünfjährige Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für den Bereich Spätmittelalter und Frühe-Neuzeit am Deutschen Historischen Institut London. Es war eine großartige Zeit, dennoch hat mir bei all der spannenden wissenschaftlichen Tätigkeit eines ganz deutlich gefehlt – und das waren junge Menschen, sprich Schüler. „Umwege erhöhen die Ortskenntnis“ – und so habe ich mich Ende 2007 entschlossen, England zu verlassen. An einem Gymnasium in Berlin-Friedrichshagen trat ich in den Vorbereitungsdienst für das Amt des Studienrates an, den ich zwei Jahre später mit der Zweiten Staatsprüfung abschloss.
Das Lyceum Alpinum Zuoz, eine traditionsreiche Internats- und Tagesschule im Oberengadin, die zu dieser Zeit neben dem IB Diploma Programme und der schweizerischen Matura auch das deutsche Abitur anbot, war von 2010 bis 2018 die erste dauerhafte Station meiner neuen Laufbahn.Ein Jahr nach meinem Einstieg als stellvertretender Leiter eines der fünf Internatshäuser und Lehrer für Geschichte, Politik und Ethik (sowohl in der deutsch- als auch in der englischsprachigen Abteilung der Schule) wurde ich im Januar 2011 zum Prorektor ernannt, womit mir die Verantwortung für den Unterrichtsbetrieb in der Matura- und Abiturabteilung zukam. Nach einem hausinternen Wechsel leitete ich für mehrere Jahre als Head of International Studies und Stellvertretender Schulleiter die internationale Abteilung der Schule. Von 2016 bis 2018 war ich als Rektor ad interim der erste nichtschweizerische Leiter der Schule.
Auf einem IB-Fortbildungskurs in Madrid hatte ich im Juli 2010 Zoë, meine Ehefrau, eine gebürtige Schottin, kennen gelernt. Wie wir erst etwas später herausfinden sollten, haben wir zur gleichen Zeit nahe beieinander in Oxford studiert und gewohnt, und das über volle zwei Jahre hinweg. Drei Jahre später gelang es mir tatsächlich, Zoë aus Südengland (Charterhouse) in die Alpen zu locken: Als Lehrerin für Englisch und Theory of Knowledge sowie als Internatsmitarbeiterin verstärkte sie ab 2013 das Team am Lyceum.
In diesen Jahren entstand auch die Idee zu meinem Buch Das Engadin. Biografie einer Landschaft, welches im Herbst/Winter 2023 erscheint. Auf den Pisten von Zuoz und St. Moritz wurde ich, Flachländer und nun immerhin schon vierzigjährig, zum leidenschaftlichen Skifahrer, nachdem ich mich in Kiel dem Windsurfen und in Oxford dem Rudern verschrieben hatte. Es hat den Anschein, als hätte ich ein Faible für ortsgerechte Leitsportarten entwickelt – mal schauen, was sich in Roßleben ergibt... Zu meinen weiteren Hobbies zähle ich Kochen und Backen (mit einer Spezialisierung auf Pasta, Brot und Pizza), Tauchen, Gartenarbeit und unseren Hund Talisker. Gemeinsam mit meiner Frau liebe ich es, ins Theater zu gehen.
Nach einer Tätigkeit im Leitungsteam einer internationalen Schule in Berlin-Mitte und dem Abschluss des Studienganges Master of Education in International Education Administration (Führung internationaler Schulen) wechselte ich im August 2020 an die AMADEUS International School Vienna. Den Ausschlag für den Umzug nach Wien gab unter anderem die Tatsache, dass AMADEUS als einzige internationale Schule der Donaumetropole auch ein vollwertiges Internatsprogramm betreibt. Seitdem bin ich als Head of Secondary School stark an dem fortdauernden Ausbau der Schule und der Weiterentwicklung der Unterrichtsqualität beteiligt. Meine Frau Zoë unterrichtet derweil die Fächer Englisch und Theatre/Drama und leitet als Head of Department den Fachbereich Sprachen.
Seit unseren ersten Kontakten im Frühsommer dieses Jahres mit Familie v. Witzleben hat uns der Gedanke, zukünftig eine Tätigkeit in und für Roßleben auszuüben, begeistert. Im Laufe der Jahre konnten wir eine Vielzahl von Schulen in Deutschland, England, der Schweiz und Österreich kennenlernen. Im Gedächtnis blieben stets jene, die eine starke Identität und deutliche Orientierung vorzuweisen haben. Ganz wesentlich gehören für uns gelebte Werte und authentische, sinnstiftende Traditionen dazu. Kurz gesagt: Die Klosterschule Roßleben steht für alles, wofür auch Zoë und ich als Pädagogen und Menschen stehen. Noch kürzer gesagt: Wir finden uns in Roßleben wieder.
Als Schulleiter (Nummer 46 seit 1554, wenn ich richtig gezählt habe) freue ich mich darauf, der gesamten Schulgemeinschaft zu dienen. Sicher trifft es zu, dass jede Schule letztlich an ihren akademischen Ergebnissen gemessen wird – das liegt in der Natur der Sache und erfordert auf Seiten des gesamten Teams eine kontinuierliche Arbeit an der Unterrichts- und Betreuungsqualität. Darüber hinaus aber steht und fällt jede Schule mit der Stärke der zwischenmenschlichen Beziehungen, auf deren Grundlage der Alltag abläuft, beziehungsweise erst ablaufen kann. Als Teamplayer weiß ich, wie wichtig mir Kollegen, Sie als Eltern und vor allem Ihr Schüler seid. Mit Ihnen und Euch möchte ich, gemeinsam mit meiner Frau, eine hervorragende Arbeit in und für die Klosterschule Roßleben leisten.
In Vorfreude darauf, Sie und Euch bald alle persönlich kennenzulernen, und auf viele spannende Gespräche in Roßleben!
Herzlichst, IhrDr. Karsten Plöger